Die Anguszüchter und -halter trafen sich dieses Jahr im FHB-Gebiet vom 23. – 25.06.2023 zu den 36. Deutschen Angustagen. Im Dreieck Paderborn-Höxter-Warburg öffneten sechs Anguszuchtbetriebe in Nordrhein-Westfalen Ihre Türen für die interessierte Angusgemeinschaft. Die Anguszucht hat sich auch im FHB-Gebiet positiv entwickelt. Mit rund 500 Herdbuchkühen wartet das Zuchtgebiet mit einer kleinen, aber feinen Anguszucht auf.

Die Angustage begannen am Freitagvormittag mit der obligatorischen Vorstands- und Beiratssitzung des BDAH e.V. im Hotel der Jägerhof, Willebadessen. Zur Mittagsstunde trafen sich alle Teilnehmer am Sportplatz in Manrode. Mit deftigem vom Grill und kühlen Getränken begrüßte der 1. Vorsitzende Richard Brinette alle angereisten Teilnehmer. Nach der Begrüßung ging es per Traktor und Anhänger zu dem ersten Betrieb der Anguszucht Hengst in Borgentreich. Seit 1994 hält Bernhard Hengst Angus und stellte seinen Betrieb 2001 auf die ökologische Wirtschaftsweise um. Im Jahre 2019 übernahm seine älteste Tochter, Verena Blömeke den Betrieb. Angefangen mit deutsch Angus-Tieren, basiert der Bestand mittlerweile fast ausschließlich auf Aberdeen-Genetik. Die Farbe, ob rot oder schwarz, spielt für den Betrieb eine untergeordnete Rolle. Für Bernhard Hengst und seiner Tochter Verena Blömeke zählt eindeutig, dass die eingesetzte Genetik im Typ und Leistungsanlagevermögen passen muss. Aktueller Herdenbulle ist KEA Vigor (Virile x Red Label) der im mittleren Rahmen steht und sich durch seinen enormen Fleischansatz hervorragend den Teilnehmern der Angustage präsentierte. Der Betrieb setzt darüber hinaus erfolgreich auf Besamung und bekannte Vererber wie Iron Ore, Red Pharao, Red Glacier und Red Rider wurden bereits eingesetzt. Zu den größten Erfolgen des Betriebes zählen die Bundessiegerin der Färsen „Venus“ auf der 1. Bundesschau „Schwarz, Rot, Gold“ sowie der Grand Champion Titel für Vienchen auf der 2019er Ausgabe der Best Of in Groß Kreutz.

Nach einer kurzen Weiterfahrt mit dem Traktoren empfing Berthold Löhr die Gäste der Angustage 2023 bei seinen Tieren. Herr Löhr betreibt seine Anguszucht im Nebenerwerb und wirtschaftet seit 25 Jahren unter ökologischen Bedingungen. Im Natursprung werden die weiblichen Tiere tragend gemacht. Den Zuchtbullen, einen Red Rider-Sohn teilt sich der Betrieb mit Mathias Diehl. Generell setzt Herr Löhr seit 2005 nur noch Aberdeen-Angusbullen ein. Weibliche Tiere, die nicht zur Reproduktion benötigt werden und männliche Kälber werden vorrangig als Absetzer verkauft.

Nach den ersten beiden Betrieben am Freitag ging es im Anschluss zum Tagungshotel der Jägerhof in Willebadessen. Nach kurzer Entspannung wurden die Teilnehmer zu einem ausgezeichneten und reichhaltigen Buffet geladen. Zur vorgerückten Stunde wurde dann die Mitgliederversammlung des BDAH e.V. abgehalten. Alternativ konnte an einer Nachtwächterführung in Warburg teilgenommen werden.

Am Samstag standen nach einem reichhaltigen Frühstück bereits zwei Busse bereit und die Teilnehmer verteilten sich auf die Busse. „Reiseleiter“ in den Bussen waren Johannes Hibbeln und Franz Löer, die auf dem Weg zum ersten Betrieb, die Gäste über die Besonderheiten der Region informierten. Angekommen in Kleinenberg, galt es den Betrieb „Angus Westfalica“ – Weidegemeinschaft Kleinenberg GbR zu besichtigen. Ein Besonderheit des Betriebes ist, dass sich an strenge Bewirtschaftungssauflagen gehalten werden muss. Im Zuge des Baues einer Bahnstrecke wurden Grünlandausgleichsflächen geschaffen, die die Weidegeminschaft Kleinenberg bewirtschaftet. Diese Flächen unterliegen einem absoluten Düngeverbot und auch wasserregulierende Maßnahmen sind strengstens untersagt. Die drei Gesellschafter des Betriebes Karl Heinz Rohgengel, Georg und Robert Rücker standen den sehr interessierten Gästen Frage und Antwort. Gelegen am östlichen Rand der Paderborner Hochebene, wirtschaftet der Betrieb unter ökologischen Bedingungen, auf stark wechselnden Bodenverhältnissen. Aktuell umfasst der Bestand rund 30- 35 schwarze und rote Herdbuchkühe der Rasse Angus, Abkalbezeitraum ist von August bis September. Durch den gezielten Einsatz von leistungsstarken Aberdeen-Bullen nimmt der Anteil an Aberdeen-Tieren Im Gesamtbestand stark zu. Auffällig im Bestand waren die sehr rahmigen Red Rider-Töchter, die mit dem aktuellen Herdenbullen WGK Ragnar (KEA Rigo x Joe) einen guten Gegenpart gefunden haben. Der im mittleren Rahmen stehende Bulle glänzte mit feinsten Rassetyp und einer sehr schönen Bemuskelung.

Nach der Verabschiedung ging es mit dem Bus weiter zu dem Betrieb der Familie Hibbeln, der Anguszucht vom Holsterhof. Der Betrieb der Familie Hibbeln existiert bereits seit 1973, angefangen wurde aber zunächst mit Milchvieh- und Schweinezucht. Im Jahr 2020 reifte dann der Gedanke den Betrieb zu verändern und auf Mutterkühe umzustellen. Der Anfang wurde mit dem Zukauf von 4 Kühen mit Kälbern und 8 tragenden Färsen gemacht. Aktuell umfasst der Bestand rund 20 Kühe mit Nachzucht, 8 Färsen und zwei Deckbullen. Besonders beeindruckte bei der Herdenbesichtigung der Deckbulle WGK Remus (Red Rider x Edgar). Der pechschwarze, sehr großrahmiger Bulle begeisterte mit feinem Rassetyp und enormer Kapazität. Eine Besonderheit bei Frank und Heidi Hibbeln ist, dass die Färsen ausschließlich über die künstliche Besamung tragend gemacht werden. Auch im Betrieb von Familie Hibbeln nimmt der Anteil von Aberdeen-Tieren stark zu und wird zukünftig dominierend sein im Bestand. Nach ausführlichen Herdenbesichtigungen und versierten Fachgesprächen lud Familie Hibbeln alle Gäste zu einem leckeren Mittag ein.

Im Anschluss ging es mit den Bussen weiter nach Borgentreich zum letzten Betrieb des Tages von Rolf Dohmann. Eine umtriebige Familie, die mit dem Konzept der „3-K“ Ihren Lebensunterhalt bestreitet. Neben dem Angusbestand besitzt Herrn Dohmann noch mehrere Kinos sowie Kneipen in der Umgebung. Der Betrieb hat sich auf die Zucht von Aberdeen-Tieren spezialisiert, die sich hervorragend, im großen Rahmen stehend, den Gästen präsentierten. Die Anguszucht existiert bereits seit 1964, Rolf Dohmann selbst kaufte sich seine erste Kuh 1985. Sowohl über Natursprung als auch über die künstliche Besamung kommt auf dem Betrieb die nächste Generation zur Welt. Als Besamungsbullen werden aktuell namhafte Vererber wie Sakir, Top Gun, Columbus und Levi eingesetzt. Der aktuelle Deckbulle ist ein sehr rahmiger Popcorn-Sohn der aus der Zucht von Ulrich Heinz, Wehrda stammt. Hinter Popcorn steht Precision und der bekannte Netherallan Peter Pershore. Die männlichen Absetzer bleiben alle im Betrieb und werden ausgemästet. Ziel von Rolf Dohmann ist es, jährlich bis zu 18 Mastbullen direkt zu vermarkten. Nach der Herdenbesichtigung lud Familie Dohmann noch zu Kaffee und Kuchen ein, wer wollte konnte auch ein frisch gezapftes Pils vom Chef Rolf Dohmann höchstpersönlich bekommen. Ein schöner Ausklang der Betriebsbesuche der dann abends standesgemäß mit dem Züchterabend im Tagungshotel zum Jägerhof endete.

Die zunehmenden und länger anhaltenden Trockenphasen machen es den Mutterkuhhaltern immer schwieriger die Futterversorgung ihrer Tiere sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund referierte am Sonntagmorgen Martin Hoppe von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen über „Stabilisierung von Grünlanderträgen in Zeiten des Klimawandels“. Herr Hoppe gab den Zuhörern des Vortrages wichtige Denkanstöße in Richtung Pflanzenbestand, Anpassung Düngung, Optimierung Nachsaat und Schnitthöhen mit auf dem Weg. Zum späteren Vormittag ging es dann zum letzten Betrieb der 36. Deutschen Angustage in Nordrhein-Westfalen. Familie Düchting vom Irlemannshof öffnete ihre Tore für die Angusgemeinschaft. Die Hofstelle des Irlemannshof wird bereits seit 1769 bewirtschaftet. Friedhelm Düchting und Monika Elmenhorst fingen zunächst mit der Kälberaufzucht und Ammenkuhhaltung an, die dann aber wieder aufgegeben wurde. Mit der Umstellung auf rein extensive Grünlandbewirtschaftung wurde auch auf die Rasse Angus umgestellt. Zunächst über Verdrängungskreuzung züchtet die Familie Düchting heute fast ausschließlich den roten Farbschlag der Angus. Eine Ausnahme stellen die beiden aktuellen Aberdeen-Angus Zuchtbullen
Ollo (AWA Odin 2 x Leander) und Zeus 21L (HKA Zirkon x Ozzo) dar. Die Herde vom Irlemannshof begeisterte vor allem durch ihre Homogenität und bildete einen schönen Abschluss der Angustage in Nordrhein-Westfalen. Der Vorsitzende Richard Brinette bedankte sich zum Abschluss bei allen Beteiligten und wünschte eine gute Heimreise.

Ein besonderem Dank gilt allen Betrieben, die der Angusgemeinschaft Ihre Tore geöffnet haben. Vielen Dank auch dem Hauptorganisator Franz Löer der IG Angus West und dem Fleischrinder-Herdbuch Bonn. Im nächsten Jahr finden die Angustagen nicht statt, da der BDAH das europäische Angus-Sekretariat ausrichtet. Natürlich sind alle Angusfreunde recht herzlich zu dieser Veranstaltung eingeladen.

Stefan Schams (BDAH e.V.)

Bildnachweise:

  1. Herdenbesichtigung beim Betrieb der Anguszucht Hengst (Foto: Stefan Schams)

  2. Teilnehmer 36. Deutschen Angustage in NRW (Foto: Ute Wienecke)

  3. Typvolle Tiere auf den 36. Deutschen Angustagen in NRW (Foto: Stefan Schams)