Angus: „Sechs Richtige“ mit Zukunft
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- Published: Sunday, 26 July 2015 09:26
- Written by Vienna Gerstenkorn

Bundestreffen Während Angusrinder als besonders gutmütig gelten, geht es unter Anguszüchtern schon mal hoch her – so der Tenor beim Blick in die Geschichte des Bundesverbandes Deutscher Angushalter zu dessen 60-jährigen Jubiläum. Sechs Betriebsbesuche und eine Auktion während der 30. Deutschen Angustage in Niedersachsen zeigten die sehenswerten Ergebnisse dieser Diskussionen.
Aus ganz Deutschland waren rund 130 Anguszüchter nach Niedersachsen gereist, um sich im Jubiläumsjahr ein Bild vom hiesigen Stand der Zucht zu machen (wir berichteten). Dazu haben sechs Betriebe gezeigt, wie sie die Rasse Angus in ihr Betriebskonzept integrieren.
Den Auftakt machte der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Angushalter (BDAH), Dietz Kagelmann. In Velpke - Meinkot, Landkreis Helmstedt, hält er zusammen mit seinem Sohn 24 Mutterkühe, vier Färsen und drei Deckbullen. Mit den Kühen werden 35 ha Grünland biologisch bewirtschaftet. Kagelmann bot mit seiner Herde bewusst Diskussionsstoff, denn im aktuellen Kälberjahrgang weisen einzelne Kälber weiße Flecken auf, die in der Herdbuchzucht der einfarbig roten oder schwarzen Tiere nicht zulässig sind. Einige immens entwickelte Jungbullen scheiden damit aus der Zucht aus. Mit drei Deckbullen standen aber bereits die Väter der nächsten Generationen auf der Weide: Altbulle Karow, der im Vorjahr in Tarmstedt prämiert wurde, ein selbstgezogener Orlando-Nachkomme und der auf den Verdener Fleischrindertagen zugekaufte Glen von Glenno.
Acker und Angus
Mit einer Kuhglocke wurden die Anguszüchter auf dem Betrieb der Familie Albrecht in Golmbach begrüßt. Dass es vor der Ankunft der Gäste kräftig geregnet hatte, störte Seniorchef Richard Albrecht gar nicht – im Gegenteil. Das Wasser kam für den Weizen gerade noch rechtzeitig. In einer Maschinengemeinschaft werden 205 ha Ackerland auf teils sehr guten Böden bewirtschaftet, ausgestattet ist die Gemeinschaft für die Bewirtschaftung von insgesamt 600 ha. Seniorchef Richard Albrecht ließ es sich deshalb auch nicht nehmen, den Besuchern auf dem Weg zu den Angusweiden einen Weizenschlag zu präsentieren.
Mit 31 Mutterkühen und acht Färsen werden 48 ha Grünland bewirtschaftet, die sich zum Teil in extremen Hanglagen befinden. Mehr als zwei Drittel des Grünlands werden unter Auflagen mit vier bzw. sechs Zeigerpflanzen oder ohne mineralische Düngung bewirtschaftet. Nach dem Motto: das Grünland so extensiv wie möglich, die Betreuung der Herde so intensiv wie möglich. Dass Richard Albrecht mittlerweile Rentner ist, verschafft ihm Zeit für die Angusherde. Mithilfe von Nachbarn und Mitarbeitern ist der Betrieb mit seinen Tieren deshalb regelmäßig und erfolgreich bei den Fleischrindertagen in Verden oder der Tarmstedter Ausstellung vertreten. In den Betrieb fügen die Angus sich nahtlos ein: „Die Herde lebt vom Grünland, bekommt Stroh vom Acker und gibt den Mist wieder her“, erklärt Albrecht.
Fokus auf Mutterkühe
Auf dem nächsten Betrieb spielt der Ackerbau ebenfalls eine Rolle. Familie Eickermann-Nitsche bewirtschaftet im Haupterwerb einen Bio-Betrieb mit 129 ha Ackerland in Bad Pyrmont. „Was wir eigentlich wollen, sind die Angusrinder“, betont Klaus Eickermann, der den Aussiedlerbetrieb zusammen mit seiner Frau, Kathrin Nitsche, führt. Mit 74 Mutterkühen und 22 Färsen, mit denen die Herde auf 80 Tiere aufgestockt werden soll, werden 96 ha Grünland in der Emmeraue und an umliegenden Berghängen bewirtschaftet. Auch hier fügen sich die Angus optimal in die Bewirtschaftung unter Naturschutz- und Wasserschutzauflagen ein. Der Betrieb nimmt an einer Untersuchung der Tierärztlichen Hochschule Hannover und der Hochschule Osnabrück mit dem Titel „Analyse und Optimierung der Beziehung zwischen Grünland, Tiergesundheit und Tierzucht bei Mutterkuhherden“ teil. Ergebnisse aus diesem Projekt sollen 2017 vorliegen.
3x Angus in Engensen
„Engensen ist Angushochburg“ titelte die Lokalpresse – den Züchtern präsentierten sich in dem Stadteil von Burgwedel gleich drei Haupterwerbsbetriebe, die in ihrem Betriebskonzept auf die Rasse Angus setzen.
Landwirt Heinrich Bähre bewirtschaftet seinen Betrieb seit 1995 ökologisch. Neben 57 ha Acker laufen auf 90 ha Grünland 51 Mutterkühe und 14 Färsen. Die Flächen befinden sich im Niedermoor und 57 ha unterliegen Vogelschutzauflagen, dürfen also erst Mitte Juni bzw. Anfang Juli gemäht oder davor von maximal zwei Kühen mit Kalb pro Hektar beweidet werden. Bähre wählt für seine Nachzucht die Tiere aus, die unter den gegebenen Bedingungen eine „gute Figur“ machen.
Nur wenige Schritte weiter liegen die Weiden von Timo Oelkers. Er bewirtschaftet im Haupterwerb – mit überbetrieblichem Einsatz der Maschinen – 35 ha Acker und 48 ha Niedermoor-Grünland (3,5 ha im Vogelschutzgebiet) mit 35 Mutterkühen und 19 Färsen. Auch Oelkers will seine Herde bis November auf 45 Kühe aufstocken. Ab August kommen außerdem 108 Angus-Mastbullen hinzu, für die Oelkers in Betriebsnähe gerade einen neuen Stall mit angegliederter Siloplatte baut. Die Bullen sollen als Qualitätsfleisch in einem deutschlandweiten Programm und über Supermärkte in der Region vermarktet werden. Oelkers ist mit seinen Tieren ebenfalls regelmäßig und erfolgreich auf Schauen und bei den Fleisch-rindertagen vertreten.
Genau wie sein Weidenachbar und Partner in Sachen Zucht, Heinz-Wilhelm Riekenberg. Der passionierte Anguszüchter bewirtschaftet seinen Betrieb mit Lohnunternehmen ebenfalls im Haupterwerb. Auf 90 ha Grünland, davon etwa die Hälfte im Vogel- oder Wasserschutzgebiet, hält er 47 Mutterkühe und 14 Färsen. Züchterisch setzt Riekenberg zunehmend auch auf Aberdeen-Angus-Genetik und Embryotransfer.
Auf in die Zukunft
Die Chance, internationale Genetik und Nachkommen langlebiger niedersächsischer Mutterlinien zu ersteigern, bot zum Abschluss eine Auktion auf dem Hof Oelkers. Zum Höchstzuschlag von 3.000 Euro fanden zwei tragende Färsen neue Besitzer. Die schwarze Aberdeen-Angus-Färse Selina vom Betrieb Henz in Haunetal, Hessen, geht in eine Herde in Sachsen-Anhalt. Die rote Iron Ore-Tochter Abella vom Betrieb Albrecht nach Schleswig-Holstein. Eine Cowboy Cut-Tochter aus derselben Zuchtstätte bleibt in Niedersachsen. Zufriedene Käufer fanden auch die jüngeren, aus Embryotransfer gezogenen Kuh- und Bullenkälber vom Betrieb Riekenberg. So lieferten die Angustage in Niedersachsen einen Beitrag zu einer weiterhin leistungsstarken Anguszucht in Deutschland.
Fotos und Text: Vienna Gerstenkorn
Weitere Bilder zum Jubiläum jetzt auch im Album.
Zum Bericht der Masterrind.